Medizin-Geschichten

Die Heilpflanze des Monats Februar 2016
Kurioses, Bizarres, Interessantes

Folge 46: Stiefmütterchen (Viola tricolor)

Am 14. Februar ist Valentinstag. Dazu passt das Stiefmütterchen. Denn in Großbritannien wird diese schöne Blume mit dem Heiligen Valentin in Verbindung gebracht: Großzügig wie der Heilige, der seine Gaben der Liebe an Reiche und Arme schenkte, wächst das Ackerstiefmütterchen sowohl auf dem besten, als auch auf dem schlechtesten Boden.
Woher kommt nun dieser Name, die Beziehung zur Stiefmutter (oder in der Schweiz zur Schwiegermutter, denn hier heißt die Pflanze etwa Schwigerli)? Was hat es also damit auf sich? Die Bezeichnung „Stiefmütterchen“ ist erst zu Anfang des 18. Jahrhunderts aufgekommen und erklärt sich auf der Beschreibung der Blüte. Die Blume hat fünf bunte Blütenblätter. Das unterste Blütenblatt ist das breiteste und bunteste, es sitzt auf gleich zwei Kelchblättern. Hier thront die Stiefmutter. Rechts und links von ihr sitzen ihre beiden leiblichen Töchter auf ebenfalls bunten Blütenblättern. Die beiden oberen Blütenblätter sind meist nur schlicht violett und teilen sich ein Kelchblatt – hier ist der bescheidene Platz für die Stieftöchter. So lautet eine der populären Erklärungen für den Namen.

Andere volkstümliche Namen spielen auf die helle und dunkle Färbung der Blüten an, etwa Tag- und Nachtveigerl (oberdeutsch) oder Nachtschatterl (in Altbayern). Die Blüten werden auch mit einem menschlichen Gesicht verglichen: Schöngesicht (am Niederrhein), Liebgsichtli (in Zürich) oder Mädchenaugen (im Nahegebiet).

Die lateinische Gattungsbezeichnung Viola (Veilchen) ist wahrscheinlich ein Diminutiv von Ion, dem mythologischen Stammvater der Ionier. Einer Sage nach sollen ionische Nymphen dem Ion bei der Gründung Athens Veilchen dargebracht haben. Pindar nennt Athen auch „iostéphanos“, „veilchenbekränzt“.

In Rom waren Stiefmütterchen dem Jupiter heilig. Mit dem Christentum wurde das natürlich umgedeutet. In den Stiefmütterchen wurden nun die Attribute Jesu erkannt: Die violette Farbe wurde als Farbe der Passion gedeutet, die fünf Blütenblätter standen für die fünf Wunden Christi am Kreuz. Wilde Stiefmütterchen sind dreifarbig (lila, weiß und gelb), damit sind sie „ein ideales Sinnbild der heilige Dreifaltigkeit“, schreibt Marianne Beuchert. In Bayern und Österreich werden Stiefmütterchen denn auch Dreifaltigkeitsblümel oder –veigerl genannt.

Quellen:
Gerhard Madaus: „Bioheilmittel“ und Marianne Beuchert: „Symbolik der Pflanzen“

Ursula Armstrong | Redaktion | Sperberweg 2 | D-82152 Krailling | Telefon: +49 (0) 163 / 313 21 10 | e-mail: mail@uschi-armstrong.de | www.redaktion-armstrong.de

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Treuherzig scheint die Blüte des Wilden Stiefmütterchens den Betrachter anzuschauen. Dieser romantische Blick hat ihr einen anderen deutschen Namen eingebracht: „Gedenkemein“. Das Stiefmütterchen gilt als Symbol des Andenkens und der Erinnerung. Im Französischen heißt die Blume sogar „Pensée“, „Gedanke“. Gräber sind oft mit Stiefmütterchen aus Porzellan geschmückt als Gedenken an den Toten. | Foto: Armstrong